L’orchestre jonglant avec les notes – das mit Tönen jonglierende Orchester

Eine Reportage der Schülerinnen Blanka Kratzenstein und Mia-Maria Lorenz

Am Ernst-Barlach-Gymnasium in Kiel gibt es viele verschiedene Musik-Angebote. Eines davon ist das Sinfonieorchester. In diesem Orchester spielen viele gute Spielerinnen und Spieler. Es spielen aber nicht nur Schüler des Gymnasiums mit, sondern auch ehemalige Schüler und auch Lehrer können aufgenommen werden. Wir haben das Ziel, in diesem Orchester aufgenommen zu werden, und wollen uns heute mal anschauen, was uns dort erwarten würde.

Heute befragen wir Alexander Mottok, den Leiter und Dirigenten des Sinfonieorchesters. Der Dirigent machte zu seiner eigenen Schulzeit schon in einigen Musik-Ensembles mit, wie z.B. in Schul- und Jugendorchestern. „Ich war schon immer fasziniert von diesem fast magischen Orchesterklang“, sagte er uns in einem Interview. „Ich wollte auch mal derjenige sein, der diese Magie hervorzaubert. Ich hatte das Glück, dass ich schon ziemlich früh in mehreren Orchestern mal den Dirigenten vertreten und damit erste Erfahrungen sammeln durfte“, berichtet er uns. „Da ich diese mit Tönen gefüllte Atmosphäre so liebte“, erzählt er uns, „beschloss ich, Dirigent zu werden, und kam so zu diesem traumhaften Beruf.“

Abends, meistens um 17 Uhr, beginnt dann die Probe. Die meisten der Spielerinnen und Spieler sind schon ein paar Minuten früher da, um ihre Pulte und Stühle aufzubauen. Dann, wenn alle da sind, werden die Instrumente gestimmt. Die Oboe gibt den Ton für alle Blasinstrumente an. Die Streichinstrumente stimmen nach der Konzertmeisterin oder dem Konzertmeister. Wenn alle ihre Instrumente gestimmt haben, geht die Probe los. Das Orchester probt Stellen, die in der vorherigen Probe noch nicht so gut geklappt haben. So können sie das Stück nach und nach verbessern und die Magie der Töne binden.

Als die Schule 1966 gegründet wurde, strebte die Schule danach, durch musikalische Angebote ein besonderes Profil zu bekommen. Sie gründete einen Knabenchor, einen Mädchenchor und auch eine fundierte Instrumentalausbildung. Robert König begann damals als Mitglied des Philharmonischen Orchesters damit, in den fünften und sechsten Klassen Instrumentalunterricht anzubieten, was sich langsam aber sicher zu einem spielfähigen Orchester entwickelte. Bei dem zehnjährigen Jubiläum der Schule konnte man immerhin schon ein fünfzigköpfiges Kammerorchester präsentieren. Nach mehr als fünfunddreißig Jahren erfolgreicher Orchesterarbeit am EBG reichte König 2004 den Dirigentenstab an seinen Kollegen Neil Fellows weiter. Das Sinfonieorchester ist heute noch das einzige wirkliche Jugendsinfonieorchester in Kiel und gilt als eines der ambitioniertesten in ganz Norddeutschland.

Heute dürfen wir einmal in eine Probe hineinhören. Am Anfang spielt das Orchester eine leise, schnelle Melodie, die sich dann in eine kräftige verwandelt. Herr Mottok hat für jedes Tempo und für jede Melodie eine andere Art zu dirigieren. Bei der leisen und schnellen Melodie dirigiert er geduckt und mit zaghaften Bewegungen. Als sich die Musik hochschaukelt, richtet er sich auf und dirigiert mit viel Schwung, als ob er die im Raum fliegenden Töne noch nicht hinauslassen wollen würde. Das Orchester spielt mit viel Leidenschaft und keiner versucht, jemand anderen zu übertönen. Wir sind so versunken in die Musik, dass wir gar nicht merken, dass wir schon wieder los müssen. Als wir uns am Ende absprechen, stellen wir fest, dass bei jedem von uns eine andere Vorstellung entstanden ist. Eine von uns hat zum Beispiel ein Ballett- Konzert von Leoparden im Kopf, bei der anderen tanzte ein Schneemann auf einer Blumenwiese herum. Es hat also jeder ein anderes Bild von der Musik.

Neben den regelmäßigen Sinfoniekonzerten im Kieler Schloss, Repräsentationsauftritten für die Stadt Kiel, Konzertreisen nach England, Polen und Mallorca und Produktionen gemeinsam mit dem Theater Kiel war das Orchester in den letzten Jahren auch intensiv in das Schulleben des Ernst-Barlach-Gymnasiums eingebunden. So ist das Orchester an Musiktheaterproduktionen und chorsinfonischen Aufführungen der Schule genauso beteiligt wie am alljährlichen Weihnachtskonzert. Mit Beginn der Konzertsaison 2016/2017 übergab Neil Fellows den Taktstock an seinen Nachfolger Alexander Mottok, zuvor Leiter der Norddeutschen Hanse-Philharmonie und des Deutschen Ärzteorchesters. Das Sinfonieorchester ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil des Kieler Kulturlebens, sondern auch ein lebendiger Raum menschlicher Begegnung und künstlerischer Entfaltung, die mittlerweile schon viele musizierende Generationen beschenkt und geprägt hat.

Natürlich wollen wir auch das Gefühl beschrieben bekommen, wie es ist, im Orchester zu spielen. Dafür befragen wir die Cellistin Wanda Kratzenstein in der Pause der Probe vom Sinfonieorchester in der Aula.

Sie wurde vor einem Jahr im Sinfonieorchester aufgenommen, indem sie bei einem Vorspiel ein langsames und ein schnelles Stück nicht nur Herrn Mottok, sondern auch ein paar aus dem Orchestervorstand vorgespielt hat. „Am Anfang“, erzählt sie uns, während alle anderen sich unterhalten und auf ihren Instrumenten tirilieren, ,,war ich sehr aufgeregt, als die Nachricht kam, dass ich aufgenommen wurde. Ich hatte ein wenig Angst, dass ich es nicht schaffen würde, die Stücke zu spielen, aber schon nach kurzer Zeit war ich sehr froh und glücklich, im Sinfo spielen zu dürfen.“ „Klar gibt es manchmal Stellen, die nicht leicht zu spielen sind oder die man einfach nicht in die Finger bekommt. Dann mache ich mir schon Druck. Aber Übung macht den Meister und wenn ich diese Stellen gut übe, klappt das eigentlich immer.“ Wir merken, dass es wieder stiller wird. Als wir uns umsehen, sehen wir, dass sich alle wieder langsam auf ihre Plätze begeben. Und deshalb verabschieden wir uns von Wanda und wünschen ihr noch viel Freude beim Spielen im Sinfonieorchester.

Nach dem Einblick in die Probe fragen wir uns, wie Herr Mottok es schafft, das ganze Orchester zu führen. In unserem Interview erzählt er uns ein paar Sachen, die man als Dirigent beachten muss: „Als erstes ist es wichtig, dass man die Stücke, die wir spielen, sehr genau kennt und eine ganz detaillierte Vorstellung hat, wie es klingen soll. Dann kann man in den Proben wunderbar Impulse aufnehmen, die von den Musikern selbst durch ihr Spiel eingebracht werden. Außerdem muss eine Probe gut vorbereitet sein, damit man gut vorankommt und alle gemeinsam Freude an der Musik und an den Fortschritten haben. Wenn alle gut zusammenwirken und genau wissen, wie sie spielen sollen, welche musikalische Rolle sie im jeweiligen Moment spielen und worauf sie sich beziehen sollen, und wenn alle gemeinsam die Stimmungen erzeugen, die das jeweilige Werk vorgibt, dann ist das Ziel erreicht.“ Herr Mottok erzählt uns auch noch, dass manchmal zusätzliche Dozenten helfen, das ist zum Beispiel ein Bläser-Coach, der mit den Bläsern Gruppenproben anleitet, oder einzelne Mitglieder des Philharmonischen Orchesters unterstützen bei Teilgruppenproben. Und ganz wichtig sind auch die Stimmführer im Orchester. Das sind Orchestermitglieder, die bei den Streichern die Sektionsproben leiten. Das bedeutet, dass die Streichergruppen die schwierigsten Stellen nur in ihrer Stimme üben, also alle Streicherstimmen in einem eigenen Raum einzeln proben. „Es ist also nicht nur der Dirigent allein, der das Orchester führt, sondern das Team und der Dirigent ist „nur“ der Teamleiter“, erklärt Herr Mottok uns zum Schluss.

„Die Konzerte, die das Sinfonieorchester im Jahr veranstaltet, sind zahlreich“, erzählt uns Herr Mottok: „Mit dem Sinfonieorchester am EBG dirigiere ich drei Sinfoniekonzerte und die Teilnahme am Weihnachtskonzert. Manchmal gibt es zusätzlich noch 1-2 Sonderkonzerte. Ich selbst leite in allen meinen Ensembles, momentan zwischen 15 und 25 Konzerte im Jahr.“  „Puh“, denken wir uns, „das ist echt viel.“ Unmotiviert ist der Dirigent nie. Aber da ist ja auch kein Wunder bei einem so traumhaften Job. „Unmotiviert?“, fragt er. „Nein! Ich fahre immer voller Vorfreude zu den Proben am EBG, weil alle Musiker im Sinfonieorchester unglaublich viel Energie mitbringen, motiviert sind und gemeinsam wirklich etwas erreichen wollen. Das macht mir Freude, und sehr oft fahre ich nach der Probe inspiriert und bereichert wieder nach Hause. Ist meine Tagesform immer genau gleich, bin ich immer zu 100% auf dem Punkt und sind alle Proben immer absolut perfekt angeleitet? Nein. Aber ich arbeite weiter daran, und ich überlege nach jeder Probe, was ich noch besser machen kann.“

Geborgenheit, klangschönes Orchestergeschehen, schelmische Freude an bestimmten Klangfarben, Ekstase in besonders intensiven Momenten oder mitgefühlte Trauer - das sind die Gefühle, die Herr Mottok uns beschrieben hat. Egal ob er das im Interview oder beim Dirigieren gesagt hat, man konnte es ganz genau heraushören. Und der Dirigent ist nicht der einzige mit diesen Gefühlen. Auch Zuschauer und Spieler kennen diese Gefühle nur zu gut! Es ist immer ein Wunder, wenn man merkt, dass Musik für alle so verschieden ist, aber doch gleich!

Nach diesen Tagen haben wir viel über das Sinfonieorchester gelernt und wir sind noch motivierter, in dieses Orchester zu kommen und mit anderen Menschen so schön zu musizieren und etwas zu erreichen, wie wir es bei der Probe gesehen haben. Aber es ist ja noch nicht sicher, dass wir die Ehre erwiesen bekommen, in diesem Orchester aufgenommen zu werden. Und bis dahin heißt es für uns:

Üben, üben, üben!

 

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